Das Memory Lab:evangelisches erinnern
In Demokratien werden Gesellschaften oder Teile davon stets aufgefordert, sich kritisch mit ihrer Geschichte und Erinnerungskulture auseinanderzusetzen. Schließlich sind Geschichte und deren Erinnerung nicht nur Identitätsstiftung, sonder auch Machtinstrumente und damit als kollektives Gedächtnis eine Rekonstruktion von Vergangenheit (Maurice Halbwachs). Kurzum: Es handelt sich um Erinnerungspolitik. Zentral bleibt dabei: Wer erinnert was und wozu und was wird dabei - bewusst oder unbewusst - vergessen?
Der Fokus des Memory Labs evangelisches:erinnern liegt darauf, wie Erinnerung im Kontext des österreichischen Protestantismus stattfindet. Dabei werden unterschiedliche Erinnerungsorte, -medien und -objekte, aber auch Rahmenbedingungen und Absichten von evangelischer Erinnerungskultur kritisch hinterfragt, identifiziert sich doch der Protestantismus - ähnlich wie ander Sozialbereiche einer Gesellschaft - mit seinen geistigen bzw. kulturellen Errungenschaften: mit seinem Einfluss auf die Religionsgeschickte, Politik, Bildung, Architektur, Kunst und dergleichen mehr.
Im Memory Lab fragen wir:
- an welchen Stellen wurden Spuren der Erinnerung verschüttet oder aus dem kollektiven Gedächtnis getilgt? Und: an welchen Stellen und mit welchen Zielen werden diese Spuren wieder freigelegt?
- was bedeuten die praktizierten Erinnerungskulturen, die Selbst- und Geschichtsbilder für das Verhältnis der Erinnernden zu zentralen gesellschaftlichen Fragen der Gegenwart?
- und allgemein: wie erinnern Evangelische und wie wir Evangelisches innerhalb des österreichischen Protestantismus erinnert? Welche Erinnerungskulturen lassen sich dabei ausmachen?
- aber auch: an welchen sensiblen Punkten geraten diese Erinnerungskulturen in einem zunehmend pluralisierten und auch polarisierten "öffentlichen Wettstreit der Erinnerungen" (Edgar Wolfrum) miteinander in Konflikt?
Diese Fragen verweisen auch auf eine interkonfessionelle bzw. interreligiöse Dimension und fordern eine Diskussion mit nichtkonfessionellen Akteur:innen aus Zivilgesellschaft und Politik heraus.